Zur Geschichte von Porz
Dies ist ein Versuch die Geschichte von Porz in einem größeren regional-geschichtlichen Rahmen darzustellen.
Inhaltsverzeichnis
- Der Porzer Raum entsteht
- Erste Beweise menschlichen Lebens in Heumar
- Die ersten Ackerbauern
- Grabhügelfelder am Mauspfad und keltische Einflüsse
- Römisches Grenzland
- Fränkische Landnahme
- Unter der Herrschaft der Grafen und Herzöge von Berg
- Damalige Wirtschaft
- Zeit des Niedergangs
- Bessere Zeiten
- Die französische Besatzungszeit
- Die Preußen kommen
- Einsetzende Industrialisierung
- Der 1. Weltkrieg und die 20er Jahre
- Die Nationalsozialisten
- Porz wird Stadt
- Die Stadt Porz wird ein Stadtteil von Köln
Der Porzer Raum entsteht
Nachdem sich das Meer endgültig zurückgezogen und sich die Niederrheinische Bucht gebildet hatte, lag hier im Südteil der Bucht ein großer Süßwassersee. Im warmen (Miozän) wurden hier große Sumpfwälder zu Braunkohle (glücklicherweise im Rechtsrheinischen nicht abbauwürdig). Am Ende dieser Zeit durchbrach der Ur-Rhein die flachen Vorläufer des Rheinischen Schiefergebirges und floss in vielen Schlingen und Schleifen nach Norden Richtung Meer. Das Porzer Gebiet wird von vielen dieser ehemaligen eiszeitlichen Rheinrinnen durchzogen, die teilweise früher von Bächen und dem Grundwasser der Mittelterrasse gespeist wurden (beispielsweise der Linder Bruch).
Erste Beweise menschlichen Lebens in Heumar
Ein bei Heumar gefundener Faustkeil aus braunem Quarzit aus der mittleren Altsteinzeit ist der älteste Beweis menschlichen Lebens in unserem Stadtgebiet. Die Neandertaler, die diese Werkzeuge nutzten, zogen in der letzten Kaltzeit in der baumlosen Tundra den Tierherden hinterher.
Nach der Eiszeit breitete sich in der Mittelsteinzeit (im Rheinland etwa zwischen ~8000 – 5500 v. Chr.) wieder Wald aus. Die Tierherden der Kältesteppen waren verschwunden; es wurde im Wald mit Pfeil und Bogen gejagt und mit Harpunen und Netzen in den Gewässern gefischt. Für die noch immer nomadischen Jäger und Sammler war die damals teilweise sumpfige Niederterrasse und das Rheinufer durch ihren Reichtum an Fischen, Wasservögeln und sonstigem Wild ein ideales Jagdgebiet, was von Funden von verschiedenen Feuersteingeräten wie Kratzer und Messerchen bei Westhoven und Porz belegt wird.
Die ersten Ackerbauern
In der Jungsteinzeit (~5500 – 1800) brachten die Bandkeramiker (~5500 – 4800) den Ackerbau und die Sesshaftigkeit in die Kölner Bucht. Im Westen von Köln lagen einige bandkeramische Siedlungen bei Lindenthal. Im rechtsrheinischen siedelten die ersten Ackerbauern in Form der jüngeren Rössener Kultur (~4800 und 4500 v. Chr.) bei Westhoven. Siedlungsgruben und eine Herdstelle der darauf folgenden Michelsberger Kultur (~4500 – 3500 v. Chr.) wurden am Scheuerbusch aufgedeckt. Weitere Siedlungsspuren aus dieser Zeit wurden auf beiden Seiten des Mauspfads zwischen Spich und Wahn gefunden.
Im folgenden entstand im Rheinland aus Einflüssen der Glockenbecherkultur (Südwesteuropa) und den Schnurkeramikern (Nord- und Mitteldeutschland), sowie aus Resten der Michelsberger Kultur die Rheinische Becherkultur. In unserer Gegend sind aber bisher kaum Spuren gefunden worden.
Grabhügelfelder am Mauspfad und keltische Einflüsse
Auch die frühere und mittlere Bronzezeit (~2200 – 1200 v. Chr.) ist nur mit dem Fund eines bronzenen Absatzbeils und einigen Grabhügeln in der Wahner Heide leider verhältnismäßig schlecht dokumentiert. Erst gegen Ende der Urnenfelderkultur (~1300 – 800 v. Chr.) und besonders in der Hallstattzeit (~800-400 v. Chr.) setzte eine dichte Besiedlung ein. Um diese Zeit entstanden die großen Grabhügelfelder am Rande der Mittelterrasse entlang des Mauspfads bei Dünnwald, Iddelsfelder Hardt (eines der größten Grabhügelfelder im Niederrheingebiet), Rath, Leidenhausen und Scheuerbusch. Der hochwassersichere Mauspfad war ein vorgeschichtlicher Fernhandelsweg der bis in die Neuzeit genutzt wurde.
Aus der Spätlatènezeit (150–15 v. Chr.) sind neben wenigen Flachgräbern auch Siedlungen bekannt. Am Linder Bruch wurden neben anderen Siedlungsresten ein Einbaum und ein Kinderschwert aus Holz gefunden. Auch am Krausberg bei Langel wurden Siedlungsreste aus dieser Zeit aufgedeckt. Im Königsforst wurden neben weiterer Siedlungen Reste von Eisenschmelzöfen entdeckt. Auch bei Westhoven weisen Reste von Fachwerkbauten und Kochgruben auf eine größere Siedlung hin. In dieser Siedlung wurden auch römische Keramikreste gefunden, woraus man schließt, das diese Siedlung noch bis in die frühe Römerzeit existierte. Obwohl wir Aufgrund der historischen Quellen mit einer germanischen Bevölkerung rechnen müssten – nämlich mit den Sugambrern – basieren die Funde in unserem Gebiet eindeutig auf mittelrheinischer Tradition und damit letztendlich auf keltischer.
Römisches Grenzland
Ab der Zeitenwende sind, womöglich Aufgrund römischer Grenz-Politik, keine archäologischen Funde vorhanden. Erst im ausgehenden 1. Jahrhundert n. Chr. ist wieder eine einheimische Bevölkerung im Rechtsrheinischen nachweisbar, deren Hinterlassenschaft jetzt zum großen nordwestdeutsch-mitteldeutschen Formenkreis germanischer Machart gehört. In den Gräbern bei Wahn, Westhoven und am Scheuerbusch fanden sich auch viele römische Bronzearbeiten und Keramiken, was auf intensive Handelsbeziehungen mit den Römern hindeutet.
Die Römer nutzten die Ressourcen im rechtsrheinischen »Barbarenland«. Am Lüderich fand man ein römisches Bergwerk, wo nach Blei und Silber geschürft wurde und bei Bergisch-Gladbach die Reste kaiserzeitlicher Kalköfen. Mit Sicherheit haben sich die Römer im Vorfeld Kölns auch mit dem auf der linken Rheinseite immer knapper werdenden Holz versorgt.
Um 312 n. Chr. wurde das Kastell Divita gegenüber Köln auf der rechtsrheinischen Seite zum Schutz einer festen Brücke gebaut. Obwohl mit den Einbrüchen der Franken in das römische Reich (ab 260 n. Chr.) die archäologischen Belege auf der Niederterrasse durch Abwanderung praktisch aufhörten, wurde ein römischer Soldat um 400 n. Chr. »im Barbarenland in der Nähe von Deutz von einem Franken getötet« (Inschrift des Grabsteins des Viatorinus).
Fränkische Landnahme
Um 470 gründete der Rheinfranke Sigibert (oder sein Vater) das Königreich Ripuarien mit Königssitz in Köln (seit 459/461 endgültig im fränkischen Besitz). Bis zum sechsten Jahrhundert gibt es allerdings im Porzer Gebiet (wie fast im ganzen Rechtsrheinischen und Bergischen) kaum Spuren einer Besiedlung.
Die fränkische Kolonisation setzt hier vermutlich erst ab dem späten 6. Jahrhundert ein. Vom linksrheinischen her wurde zunächst die fruchtbare rechtsrheinische Niederterrasse besiedelt. Als erstes wurden – in Gestalt von Einzelhöfen – die Kernpunkte der heutigen Dörfer/Stadtteile Langel, Zündorf, Lind und Grengel gegründet. Ebenfalls in die fränkische Zeit deuten die Namen Westhoven, Urbach, Elsdorf, Libur und Wahn. Die Porzer Gegend gehörte zum Deutzgau (wie der Auelgau ein Schutzgau gegen die vordringenden Sachsen) und wurde zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert von Köln aus christianisiert. Von den fränkischen Einzelhöfen im Rechtsrheinischen aus wurde mit der Zeit weiteres Land erschlossen. Typische Rodungsnamen des 7. – 9. Jahrhunderts sind beispielsweise -feld (Iddelsfeld), -ingfeld (Penningsfeld) und -rath (Rath, Altenrath, Rösrath, Refrath, Paffrath).
Die älteste Kirche im Porzer Stadtgebiet ist St.Michael (Zündorf) aus dem 11.Jahrhundert. Sie steht vermutlich auf älteren Fundamenten. Um die Zeit sind auch die ersten schriftlichen Erwähnungen der ersten Höfe und Dörfer zu nennen (eine frühe Ausnahme bildet Langel mit einer schriftlichen Erwähnung um 965).
Unter der Herrschaft der Grafen und Herzöge von Berg
Bis 1150 brachten die Grafen von Berg große Teile des Deutzgaues unter ihre Herrschaft.
In direkter Folge des Sieges in der Schlacht von Worringen 1288, an dem die bergischen Bauern zusammen mit der Kölner Miliz einen maßgeblichen Anteil hatten, fiel das Land zwischen »Linepad und Müsepad« (Leinpfad und Mauspfad) an Adolf V. von Berg. Dieser befestigte erneut Mülheim und verlieh ihr einige Jahre später die Stadtrechte.
Verwaltungszentrum für das bergische Territorium südlich der Wupper wurde zuerst Bensberg und spätestens ab 1286 das Amt Porz. Das Schöffensiegel mit dem Porzer Wappen stammt aus dem Jahre 1438.
Das Amt Porz war in 6 Botenämtern unterteilt; Gladbach, Herkenrath, Merheim, Odenthal, Stammheim und Porz. Das Botenamt Porz kam gebietsmäßig etwa der früheren Stadt Porz gleich. Porz war der Sitz des Amtmannes, der sowohl die Verwaltungsgeschäfte führte, als auch Richter des Hauptgerichtes war und teilweise hohes Ansehen genoss (beispielsweise als Gesandter des Landesherrn oder Zeuge bei Verträgen). Die Orte in einem Botenamt bezeichnete man früher als Honschaften, die einem Ortsvorsteher unterstellt waren.
Wegen Personal- und Zoll-Streitigkeiten zwischen dem Herzog von Berg, der Stadt Köln und dem Erzbischof kam es wieder mal zur Fehde zwischen Berg und Köln. Am 16.07.1415 fand eine Schlacht »bi Sent Annabach up der Heiden bi Roede« (bei Haus Rott bei Troisdorf) statt, die Graf Adolf verlor. Der Streit schwelte aber weiter, so das es im Sommer und Herbst des nächsten Jahres zu weiteren Auseinandersetzungen kam. Am 16 August 1416 zogen Kölner Truppen vom zuvor besetzten Deutz in das Bergische Land, wobei einige Dörfer beraubt und niedergebrannt wurden (wahrscheinlich auch im Botenamt Porz).
Nach dem ersten katastrophalen Auftreten der Beulenpest 1349 in Köln, flackerte sie mehr oder weniger schwer die nächsten 300 Jahren immer wieder auf. In der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts besonders oft (alleine 1502/1503 starben in Köln 20.000 Menschen). Es ist nicht überliefert, wie sich die Pest zu dieser Zeit auf Porz und die umliegenden Dörfer auswirkte, aber es ist zu vermuten, das durch die Nähe zu Köln auch hier die Pest wütete. Zumindest wirtschaftlich wird sie sich ausgewirkt haben, denn nach der Pest waren überall die Arbeitskräfte knapp und viele Felder konnten nicht mehr bestellt werden.
Damalige Wirtschaft
Obwohl zwischen Berg und Köln selten Eintracht herrschte, lag die Umgebung von Porz wirtschaftlich ganz klar im Einzugsbereich der einzigen Großstadt des Mittelalters in Deutschland; im heiligen Köln. Der Überschuss der landwirtschaftlichen Erzeugnisse wurde hauptsächlich dort und in Mülheim feil geboten. Auch die Nachfrage nach Bauholz, Holzkohle und Kies wurde aus dem Rechtsrheinischen befriedigt. Die kleine Jagd und etwas Fischerei in den Bächen und Sumpfgebieten der Niederterrasse waren wichtiger Nebenerwerb. Große Bedeutung hatte der Zündorfer Hafen. Dort konnte man nämlich, in Verbindung mit dem Landwege nach Mülheim, das Kölner Stapelrecht umgehen. Die Waren wurden auf dem Landweg zwischen Zündorf und Mülheim transportiert und so der Kölnische Machtbereich umgangen. Aber auch für den Warenumschlag des bergischen Hinterlands war der Hafen von Zündorf von Bedeutung. Der bergische Landesherr legte Zollstellen an, wo beispielsweise nachweislich Pferde, Rinder, Ochsen, fette und magere Schweine, Ziegen, Schafe, Hammel, Käse, Branntwein, Karren mit Heu, Holz, Eisen, Blei, Holzkohle und Kalk verzollt wurden. Der älteste Zoll im Botenamt Porz war der Landzoll zu Urbach (1411). Wenig später sind Zollstellen bei Zündorf und Ensen bezeugt. Ab dem 18. Jahrhundert wurden auch in Porz, Langel und Eil Zölle erhoben.
Zeit des Niedergangs
Die nächsten 200 Jahren sind durch ständige Kriege gekennzeichnet. Da man sich ungern mit dem stark befestigten Köln anlegen wollte, zogen die Heerhaufen bevorzugt durch das Bergische Land. Am meisten hatte darunter die ungeschützte Landbevölkerung im Rechtsrheinischen zu leiden. Es wurde requiriert und einquartiert, sowie Kontributionen und Kriegssteuern erhoben. Oft genug wurde auch geplündert, misshandelt, niedergebrannt, vergewaltigt und gemordet.
Ende des 16. Jahrhunderts wurde der rheinische Wohlstand durch den Truchsessischen Krieg (1583 – 1588) vernichtet. Der Versuch des Erzbischof Gebhard Truchsess von Waldburg, das Erzstift Köln in ein erbliches, protestantisches Herzogtum zu verwandeln, wurde von gegenreformatorischen Kräften verhindert. 1583 zogen truchsessische Truppen von Deutz aus »zwei oder drei Meilen Wegs im Bergischen umher und fügten den Bewohnern durch plündern und brennen großen Schaden zu«. Unter anderem wurde Dünnwald geplündert und die Pfarrkirche von Buchforst in Brand gesteckt. Die spanischen Truppen hausten noch weit aus schlimmer als die Truchsessischen. 1588 quartierten sie sich in Deutz und Mülheim ein und plünderten tagelang die Umgebung. Auch nach dem Ende des Truchsessischen Krieges suchten niederländische, spanische und französische Truppen das Bergische Land heim. 1594 ermordeten und misshandelten Spanier die Bewohner des Amtes Porz, so das laut der Kölner Chronik »nur wenige an Hosen und Schuhen, die sich noch bei den abgehauenen Beinen befanden, wiedererkannt wurden«.
Als der letzte Herrscher von Berg, Herzog Johann Wilhelm I. aus dem Hause Cleve, 1609 verstarb, hinterließ er keine Erben und löste damit den Jülich-Klevischen Erbfolgestreit (1609 – 1672) zwischen dem Pfalzgrafen Wolfgang Wilhelm von Neuburg und dem Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg aus. Infolgedessen fluteten kaiserliche und holländische Truppen das Land, »das schwer zu leiden hatte«. 1614 wurde ein vorläufiger Kompromiss geschlossen; Jülich und Berg gingen an Wolfgang Wilhelm und der Rest an Brandenburg. Der Erbfolgestreit wurde erst 1672 mit einem Teilungsvertrag endgültig beigelegt.
Der Dreißigjährige Krieg (1618 – 1648) zerschlug das Land endgültig. Ab 1622 kamen die Spanier in unsere Gegend. Die Plünderungen wurden zeitweilig so unerträglich, das viele Bewohner in die Berge und Wälder flüchteten. Dann kamen 1625 die Hessen, die den Spaniern im plündern, brandschatzen und misshandeln in nichts nach standen. Dann kamen die Spanier wieder und so ging das weiter… so gaben sich die katholischen und protestantischen Truppen in wechselhaften Kämpfen hier praktisch die Klinke in die Hand. 1632 kamen dann auch noch die Schweden dazu. Die 1633 wieder von den kaiserlichen abgelöst wurden, die noch schlimmer als die Schweden hausten. Die Schweden hielten Siegburg noch bis 1635 und suchten immer wieder das Umland heim. Hinzu kamen noch die sich in diesem Chaos gebildeten Räuberbanden. 1636 musste Herzog Wolfgang Wilhelm feststellen, dass nach den Ereignissen der letzten Jahre kaum 1/6 der Bevölkerung des Herzogtums Berg übrig geblieben war. 1638 lagerten kaiserliche Truppen unter General Piccolomini bei Schweinheim und plünderten die Umgebung. Und noch 1644 musste der Schultheiß des Amtes Porz eine Umlage zu den Kriegskosten erheben. 1648 wurde dann endlich der Westfälische Frieden geschlossen.
Dann kam der Holländische Krieg (1672 – 1679), auch Raubkrieg König Ludwigs XIV. oder bei der damaligen lokale Bevölkerung »die erste Franzosenjagd« genannt. Die Franzosen besetzten Deutz und plünderten die Gegend mit so großer Grausamkeit und Zerstörungswut das ganze Dörfer verlassen wurden und die Bewohner in die Wälder zogen. Da die misshandelte Bevölkerung in den Wäldern sich mit den Franzosen zunehmend kleine Scharmützel lieferte, wurde auf sie regelrecht Jagd gemacht.
Weiter ging es dann mit dem Pfälzischen Erbfolgekrieg (1688 – 1697). Die mit dem Kurfürsten von Köln verbündeten Franzosen, besetzten von Bonn aus von Oktober 1688 bis März 1689 Siegburg und plünderten von dort aus die Umgebung. Im Juni marschierten brandenburgische und münsterische Truppen auf der rechten Rheinseite von Kaiserswerth nach Bonn. Nach dessen Fall im Oktober verlagerte sich der Krieg in andere Landstriche.
Es folgte der spanische Erbfolgekrieg (1701 – 1714). Erneut bedrohten Soldaten des König Ludwigs XIV. und des verbündeten Kurfürsten von Köln das Bergische Land. Im Oktober 1702 setzten die Truppen Johann Wilhelms über den Rhein, um die französischen und kurkölnischen Truppen in Bonn anzugreifen. Aber diese setzten schon vorher bei Bonn über und fielen in das von den Verteidigern entblößte Rechtsrheinische ein. In fünf Heerhaufen zogen sie plündernd Richtung Mülheim, setzten sich dann in Deutz fest und verheerten von dort aus das Umland. Mülheim wurde ausgeraubt, Schloss Lülsdorf und Porz wurden niedergebrannt, in Merheim, Flittard, Schlebusch und Gladbach geplündert und Häuser und Scheunen verbrannt. Viele Bewohner verließen wieder die Dörfer und flüchteten in die Berge und Wälder (zweite Fransosenjagd). Hunderte von Gefangenen starben später in Bonn an der Ruhr. Am 7. Oktober zogen sich die Truppen wieder über den Rhein zurück. 1706 plünderten französische Truppen noch mal Mülheim, dann verzog sich endlich der Krieg aus unserer Gegend.
Bessere Zeiten
Im 18. Jahrhundert konnte sich die Bevölkerung langsam erholen. In der Mitte des Jahrhunderts wurden dann auch mehrere Herrensitze aus- oder neu gebaut (Wahn, Leidenhausen, Zündorf). In Ensen, Langel und Libur wurden neue Kirchen gebaut.
Im Österreichischen Erbfolgekrieg (1740 – 1748) lagen 1741/1742 französische Soldaten bei Siegburg. Danach hielten sich Österreicher, Hannoveraner und Braunschweiger und sogar britische Truppen im Land auf. Abgesehen von Einquartierungen und Kriegssteuern scheint das Bergische Land aber verhältnismäßig glimpflich davon gekommen zu sein.
Auch im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763) kam es im Bergischen Land nicht zu direkten Kriegshandlungen, aber die Bevölkerung litt unter Einquartierungen, Durchmärschen, Kriegsteuern und der Requirierung von Fourage, Lebensmittel sowie Hand- und Spanndiensten. Der damalige Landesherr Karl Theodor von der Pfalz stand auf Österreichs Seite gegen Preußen und musste 1757 zehn Bataillone stellen. Da sich kaum einer freiwillig meldete, fanden sogenannte Werbungen statt. Die Werber gingen dabei äußerst brutal vor, indem sie junge Männer nachts aus den Betten holten und sie quälten bis sie den Soldateneid schworen oder Volksfeste umstellten und die Männer überwältigten, knebelten und fortführten. Allerdings wehrten sich die Bauern auch gelegentlich und die Volksfeste arteten zu gewaltigen Schlägereien aus.
Mehrere sehr kalte Winter, verheerende Niederschläge und Missernten führten zur großen Hungerkrise 1770 bis 1772 (ein Ereignis der Kleinen Eiszeit). Nach dem strengen Winter 1783/1784 ereignete sich die große Mülheimer Flutkatastrophe. Der durch Eisschollen gestaute Rhein durchbrach den Damm bei Westhoven und zerstörte Mülheim von der Landseite her.
Die französische Besatzungszeit
Die französische Revolution (1789) hatte weitreichende Folgen für unser Land. Die gegen die französische Republik gerichtete 1. Koalition aus Österreich und Preußen (1792 – 1797) unterlag den französischen Revolutionstruppen. Daraufhin besetzte Frankreich 1794 u.a. Köln und die linke Rheinseite.
Die österreichischen Truppen zogen sich im Oktober 1794 auf die rechtsrheinische Seite zurück und errichteten ein Feldlager zwischen Mülheim und Buchheim. Mit den üblichen Folgen (Einquartierungen und Requirierungen). Im September 1795 verlagerte sich der Krieg ins Rechtsrheinische als die französische Sambre- und Maas-Armee, von Düsseldorf kommend, Mülheim und Bensberg besetzten. Die Österreicher warfen sie bei Flittard dreimal zurück, mussten sich aber Richtung Sieg zurückziehen. Die Umgebung wurde darauf hin so stark geplündert, das die Einwohner wieder ins Hinterland flüchteten. Durch die folgende Rechtsunsicherheit wurden auch noch Räuberbanden aktiv. Zwischen Niederrhein und Neuwied trieb beispielsweise der »Fetzer« und seine Bande sein Unwesen, diese hatten unter anderem auch in Porz in einem abgelegenen Wirtshaus einen Unterschlupf. Nach wechselvollen Kämpfen wurde 1797 bei Campo Formio ein vorläufiger Frieden geschlossen. Danach hörte das plündern langsam auf, aber die hohen Kriegssteuern belasteten das Amt Porz bis zum Frieden von Lunéville (1801) weiterhin stark. Köln und das linksrheinische Gebiet gehörten jetzt zu Frankreich, der Rhein war Staatsgrenze geworden. Das Rechtsrheinische stand unter französischer Verwaltung, bis 1806 der Kurfürst Max-Josef das Herzogtum Berg an Napoleon abtrat und Letzterer das Großherzogtum Berg (1806 – 1813) gründete.
Die französische Besatzung führte große und moderne Verwaltungsreformen durch. Die Säkularisation 1803 löste alle Klöster und Stifte auf. Die Leibeigenschaft und das Lehenswesen wurden abgeschafft. Maße und Gewichte wurden vereinheitlicht und die Gewerbefreiheit eingeführt. Rechtspflege und Gemeindeverwaltung wurden modernisiert. Das alte Amt Porz wurde zum Arrondissement (Landkreis) Mülheim und das alte Botenamt Porz in die Mairies (Bürgermeistereien) Heumar und Wahn geteilt. Diese sogenannte Munizipalverwaltung war durch die überall gleichen Strukturen und die eindeutigen Entscheidungskompetenzen so effektiv, das sie auch nach 1815 beibehalten wurde.
Um 1800 existierten in nahezu allen Kirchorten bereits katholische Schulen, darunter in Wahn, Langel, Libur (erste Erwähnung 1732), Niederzündorf (erste Erwähnung 1776), Ensen, Urbach (erste Erwähnung 1628) und Eil. Der Schulbesuch war oft unregelmäßig, da besonders während der Erntezeit viele Kinder zum Arbeiten auf dem Feld benötigt wurden. Eine 1802 gegründete Schulkommission förderte die Ausbildung der Lehrer, die zu dieser Zeit noch hauptsächlich Kirchendiener und unterschiedlich gebildet waren. In der Mairie Heumar wurden alle Lehrer vom Staat bezahlt, während die Lehrkräfte in der Mairie Wahn noch auf unregelmäßige Schulgeldzahlungen angewiesen waren. 1810 wurde die Normallehrart (um den Unterricht einheitlicher zu gestalten) und 1812 feste Schulbezirke (um die Schulpflicht besser umsetzen zu können) in den beiden Porzer Mairies eingeführt.
Obwohl das besetzte Bergische Land nicht zum französischen Staats- und Zollgebiet gehörte (der Rhein war die Grenze), gab es anfangs einen wirtschaftlichen Aufschwung, denn die Zölle waren günstig und Frankreich hatte großen Bedarf an den Erzeugnissen des Landes. Aber die Kontinentalsperre 1806 gegen England hatte negative Auswirkungen, weil man plötzlich praktisch vom französischen und niederländischen Markt abgeschnitten war. In erster Linie war die Baumwoll- und Tuchindustrie betroffen, die teilweise fast zum erliegen kam, was eine hohe Arbeitslosigkeit zur Folge hatte. Dadurch – und durch neue Requirierungen – kam es im Bergischen 1813 zu Aufständen der sogenannten Speck- oder Knüppelrussen. Es gab aber auch Profiteure wie Friedrich Krupp, der 1811 in Essen – begünstigt durch den unterbundenen Import von englischem Gussstahl – eine Gussstahlfabrik gründete; die Anfänge der Schwerindustrie im Ruhrgebiet. Zu dieser Zeit blühte der Schmuggel mit Kolonialwaren an der Rheingrenze.
Es wurden Soldaten für die napoleonischen Feldzüge ausgehoben, die in Spanien und Russland große Verluste erlitten. Ein bergischer Soldat schrieb über den Russlandfeldzug: »Am 1. März 1813 langten wir wieder in Düsseldorf an. […] Von sieben Bataillonen Infanterie und einem Bataillon Artillerie kehrten nur 64 Offiziere und 130 Soldaten heim« (ein französisches Bataillon hatte damals zwischen 700 – 800 Mann).
Unmittelbar nach der Völkerschlacht von Leipzig im Oktober 1813 zogen sich die französischen Truppen im November 1813 über den Rhein zurück. Aus Köln zogen die Franzosen im Januar 1814 ab. Unser Land stand nun unter vorläufiger preußischer Verwaltung.
Die Preußen kommen
Der Wiener Kongress übertrug dem preußischen König Wilhelm III. am 5. April 1815 das Großherzogtum Kleve-Berg. Es gab Anfangs einige Befindlichkeiten zwischen den protestantischen Preußen und den überwiegend katholischen Rheinländer. Die Rheinländer sahen sich zudem nach dem 20jährigen französischen Einfluss als mitbestimmende Bürger, während die Preußen sie eher als zu gehorchene Untertanen sahen. Das preußische Rheinland behielt nach zähen Verhandlungen viele französische Errungenschaften wie das französische Zivil- und Handslsrecht bei. Die preußische Innenpolitik war von Kontrolle, Zensur und Überwachung geprägt, was eine starke Einschränkung jeglicher politischer Betätigung bedeutete. In der Folge zog man sich in der Biedermeierzeit ins Idyll und Private zurück. Die nun anbrechende friedliche Zeit und das große preußische Zollgebiet brachte einen wirtschaftlichen Aufschwung mit sich.
1817 erwarb die preußische Militärverwaltung Teile der Wahner Heide als Artillerieschießplatz. Der Schießplatz wurde durch Zukauf und Enteignung mit der Zeit erheblich erweitert. Die Artilleristen lebten während den sommerlichen Übungen in Zelten, die Offiziere waren in den umliegenden Gemeinden untergebracht. Trotz Widerstands der Bevölkerung gegen die militärische Nutzung, insbesondere wegen der Einquartierungen von Soldaten und der Einschränkung der Heidenutzung, wurde der Standort beibehalten.
Die Station 52 der preußischen optischen Telegrafenlinie, die bis 1849 Koblenz mit Berlin verband, wurde 1834 in Oberzündorf eingerichtet.
Schon die französische Besatzung und später der Rheinbund von 1806 befreite den Schiffsverkehr auf dem Rhein von Zöllen, Umschlags- und Stapelrechten, was den Handel förderte. Das war aber für Zündorf nachteilig, da der Ort seit mindestens dem 17. Jahrhundert teilweise von der Umgehung des Kölner Stapels über Mülheim lebte. Auch der Handel ins Bergische wurde zunehmend von andern Häfen wie Deutz und Mülheim übernommen. Zusätzlich versandete der Hafen Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr, nachdem durch die Regulierung des Rheinstromes die Südspitze der Groov mit dem Festland verbunden wurde. Der Hafen verlor stark an Bedeutung.
Der Bahnhof Wahn eröffnete 1859. Er wurde hauptsächlich von dem Militärpersonal des nahen Truppenübungsplatzes genutzt. 1874 eröffnete der Bahnhof Urbach zwischen Porz und Urbach (heute S-Bahn-Station »Porz am Rhein«).
Etwa 10.000 Gefangene Franzosen wurden nach dem Deutsch-Französischer Krieg 1870/71 in neu aufgestellten Baracken in Wahn untergebracht. Besonders die französischen Kolonialsoldaten erregten die Neugierde der einheimischen Bevölkerung. Mit diesen Baracken und dem zuvor gebauten Offizierkasino, begann die ständige Präsenz größerer militärischer Einheiten auf dem Schießplatz Wahn und löste die sommerlichen Übungen ab. Aus den vor den Toren sich dann schnell entwickelnden privaten Geschäften und Restaurationen entwickelte sich der Stadtteil Wahnheide.
Zwischen 1877 und 1881 wurde der preußische Festungsgürtel um Köln wegen der zunehmenden Reichweite der Artillerie erweitert. Das Fort IX und das Zwischenwerk IXa sowie einige Infantriestützpunkte befanden sich auf Ensener Gebiet (mit den entsprechenden Einschränkungen).
Einsetzende Industrialisierung
Abgesehen von einigen Ziegeleien, der 1845 von Köln nach Lind gezogenen Seilerei Felten & Guilleaume und einem 1872 entstandenen kleinen Zweigwerk einer Kalker Dynamitfabrik bei Eil, war der Porzer Raum von der Landwirtschaft geprägt.
Langsam bergauf ging es, als im Jahre 1874 der Bahnhof zwischen Urbach und Porz eröffnete. Durch den Bahnanschluss wurde Porz, zusammen mit der unmittelbaren Nähe des Rheins und außerhalb der Beschränkungen durch den Festungsgürtel Kölns, für die Industrie interessant.
Vier Jahre nach der Eröffnung des Bahnhofes kam mit dem Hochofen »Adelenhütte« zwischen Porz und Zündorf, der erste Schwerindustriebetrieb nach Porz. Die Wirtschaftkrise der folgenden Jahre behinderte zunächst weitere Industrieansiedlungen.
Um 1900 begann dann ein kleines Wirtschaftswunder. In schneller Folge siedelten sich rund um Porz zwischen 1896 und 1909 14 Fabriken an. Die größten Fabriken waren: Das 1899 gegründete »Spiegelglaswerk Germania«, ein großes Werk mit Arbeitersiedlung, welches schon in den ersten Jahren mit jährlich 300.000qm Flach- und Spiegelglas mehr erzeugte, als das ganze Deutsche Reich zusammen. Das 1900 errichtete »Hobelwerk A.H.Dülken & Cie.« (später L. Krages & Co) nördlich von Porz. Und die »Elektro-Isolierfabrik Meirowsky« (später »Dielektra«) baute 1905 östlich vom Bahnhof eine Fabrik.
Dementsprechend entwickelte sich auch die Infrastruktur rasant. Zwischen 1902 und 1914 bekam Porz eine Straßenbeleuchtung, ein Telefonnetz, zwei Schulen, den Anschluss an das Stromnetz, eine Dampferanlegestelle, eine Straßenbahn nach Köln, Rathaus und Uferpromenade, Kanalisation, zwei Kirchen und eine Pflasterdecke für die Haupt- und Bahnhofsstraße. In nur wenigen Jahren hatte sich das ländliche Dorf Porz in ein kleines modernes Industriestädtchen verwandelt. Die umliegenden Dörfer blieben weiterhin ländlich, wobei immer mehr Menschen in den benachbarten Industriebetrieben arbeiteten. 1910 arbeiteten 48,52% der männlichen Bevölkerung der Bürgermeisterei Heumar als ungelernte Arbeiter in den Fabriken.
Der 1. Weltkrieg und die 20er Jahre
Auf dem Schießplatz Wahn wurden die sozialistischen Rädelsführer des Matrosenaufstands 1917 in Wilhelmhaven, Max Reichpietsch und Albin Köbis am 5. September 1917 hingerichtet.
Am Gremberg wurde 1919 der Verschiebebahnhof Gremberg und die Eisenbahnersiedlung Gremberghoven gebaut.
1929 entstand aus den 15 Gemeinden die Großgemeinde Porz. Schon in den Jahren von 1825 bis 1900 hat sich die Bevölkerung auf 10.000 verdoppelt. 1935 hat Porz schon 24.000 Einwohner.
Die Nationalsozialisten
Unter den Nationalsozialisten verschwanden erst die politischen Gegner und dann die gesamte Judengemeinde in Zündorf. Bombenschäden erlitten die Porzer hauptsächlich wegen dem Gremberger Verschiebebahnhof und der grundsätzlichen Nähe zu der Stadt Köln, die oft Ziel der alliierten Bomber war.
Porz wird Stadt
Nach dem zweiten Weltkrieg (am 11. April erreichten amerikanische Panzerspitzen Porzer Gebiet) entstanden mehrere Siedlungen vor allem zwischen Porz, Urbach und Eil. 1951 wurde die Großgemeinde Porz schließlich zur Stadt ernannt. Der ehemalige Militärflughafen (von den Alliierten übenommen) auf der Wahner Heide wurde der zivilen Luftfahrt übergeben.
Die Stadt Porz wird ein Stadtteil von Köln
Am 01.01.1975 wurde die Stadt Porz nach Köln eingemeindet.
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